Frühling - Gedichte

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Frühling

Gedichte

Er ist's
Eduard Mörike

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
—  Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab' ich vernommen!





Der Mai ist gekommen
Emanuel Geibel

Der Mai ist gekommen,
die Bäume schlagen aus,
da bleibe, wer Lust hat,
mit Sorgen zuhaus;
wie die Wolken dort wandern
am himmlischen Zelt,
so steht auch mir der Sinn
in die weite, weite Welt.
  
Herr Vater, Frau Mutter,
dass Gott euch behüt!
Wer weiß, wo in der Ferne
mein Glück mir noch blüht?
Es gibt so manche Straße,
da nimmer ich marschiert,
es gibt so manchen Wein,
den ich nimmer noch probiert.
   
Frisch auf drum, frisch auf drum
im hellen Sonnenstrahl
wohl über die Berge,
wohl durch das tiefe Tal.
Die Quellen erklingen,
die Bäume rauschen all;
mein Herz ist wie ’ne Lerche
und stimmet ein mit Schall.
  
Und abends im Städtlein,
da kehr ich durstig ein:
„Herr Wirt, eine Kanne,
eine Kanne blanken Wein!“
Ergreife die Fiedel,
du lust’ger Spielmann du,
von meinem Schatz
das Liedel, das sing ich dazu.
   
Und find ich keine Herberg,
so lieg ich zu Nacht
wohl unter blauem Himmel,
die Sterne halten Wacht.
Im Winde die Linde,
die rauscht mich ein gemach,
es küsset in der Frühe
das Morgenrot mich wach.
  
O Wandern, o wandern,
du freie Burschenlust!
Da weht Gottes Odem
so frisch in die Brust,
da singet und jauchzet
das Herz zum Himmelszelt:
wie bist du doch so schön,
du weite, weite Welt!



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